Kinder- und Jugendliteratur

Das erste HEIMSPIEL: ein voller Erfolg

Neues Vorlesefestival des Literaturbüro Ruhr für Kinder und Jugendliche in Bochum, Dortmund und Essen

Schülerinnen und Schüler an der Hauptschule Externberg in Dortmund bei einer Lesung mit Bahattin Gemici .

Autor*innen von hier lesen im Revier – unter diesem Motto eroberten Kinder- und Jugendbuchautor*innen aus dem Ruhrgebiet vom 19. bis zum 21.11.2024 Schulen in Bochum, Dortmund und Essen. Darunter so bekannte Namen wie Jörg Hilbert („Vater“ von Ritter Rost), Judith und Marcus Weber („Die Physikanten“) oder auch ARD-Morgenmagazin-Moderator Peter Großmann sowie Poetry-Slammer Sebastian 23 und Sandra Da Vina. Rund 30 Ruhrautor*innen standen für den ersten Aufschlag zur Verfügung. Ihr Ziel: durch gute Geschichten und die persönliche Begegnung die Lust am Lesen zu entfachen.

Autorin und Illustratorin Jule Wellerdieck aus Bochum bei einer ihrer Lesungen im Rahmen des HEIMSPIELs. Foto: Anna-Lisa Konrad

Teil von etwas so Großem zu sein und Besuch von „berühmten Leuten“ zu bekommen, habe die Schülerinnen und Schüler elektrisiert, meldeten die Schulen zurück. Und zwar in allen Altersstufen, denn das HEIMSPIEL findet in allen Schulformen und vor Kindern und Jugendlichen jeden Alters statt. Und die berühmten Leute lasen ja nicht nur vor, sondern kamen auch ins Gespräch mit ihrem jungen Publikum.

Autorin Maike Siebold löste Freudestrahlen bei einer 5. Klasse an der Realschule Höntrop aus, als sie ihnen erzählte, dass sie selbst auf einer Realschule war: „Das sind super Schulen, lasst euch nichts anderes einreden!“. Und Slam-Poet Sebastian 23 diskutierte mit der Jahrgangsstufe 10 der Goethe-Schule in Bochum gesellschaftliche Themen: „Braucht es einen Gott, dessen Gebote menschliches Handeln einordnen, um Moral zu haben?“ oder „Wenn Sie den neoliberalen Kapitalismus als System kritisieren, was wäre denn Ihr Gegenvorschlag?“ So intensiv sei er bei einer Schulveranstaltung noch nie ausgefragt worden, sagte Sebastian 23 später, und meinte das absolut positiv.

Anders ging es an einer sogenannten „Brennpunktschule“ in Essen zu, wo es wegen Gewalt in der Schule und sogar Angriffen von außerhalb Security gab. Dass das Heimspiel auch dahin geht, „wo es wehtut“, sei genau richtig, sagte Sebastian: „Eine unruhigere Gruppe an einer krasseren Schule hab ich noch nie erlebt. Natürlich haben sich trotzdem einige Schüler*innen über die Veranstaltung gefreut und auch zugehört. Es war ‘ne intensive Erfahrung und hat mich motiviert, noch viel intensiver für strukturelle Veränderungen im Schulsystem zu kämpfen.“

Sebastian23 diskutierte mit der Jahrgangsstufe 10 in der Goethe-Schule in Bochum. Foto: Jutta Kohn

Maike Siebold, Autorin

Die Vielzahl an Lesungen innerhalb kurzer Zeit vermittelt das Gefühl einer echten Bewegung. Bücher und das Lesen rücken plötzlich viel stärker in den Mittelpunkt als bei einer einzelnen Veranstaltung, die vielleicht „nur“ von einer engagierten Schule geplant wird. Dieses Festival-Feeling bringt eine Verbindung und Dynamik mit sich, die alle Aktionen miteinander verknüpft.

Deirdre Bösterling, Schulsozialarbeiterin, Liselotte Rauner-Schule in Wattenscheid

Wir waren positiv überrascht von dem Interesse der Kinder. Schön war die Reaktion bei den Frage- und Antwortrunden, als ein Schüler sagte "Es wird langweilig mit den Fragen, können Sie bitte weiterlesen?"

Inés María Jiménez, Autorin

Am Ende stürmten die Kinder auf mich zu und versicherten mir, wie toll sie die Lesung fanden. Am allerschönsten jedoch war das Statement eines Mädchens: "Weißt du, vielleicht werde ich auch mal Autorin!"

Petra Schlotzauer, Lehrerin an der Grundschule Westenfeld

Besonders beeindruckend war, wie Jörg Hilbert es schaffte, die jungen Zuhörer aktiv in die Lesung einzubeziehen und ihre Fantasie zu beflügeln. Auch die Lehrkräfte zeigten sich begeistert und lobten die inspirierende Wirkung der Lesung.

Gymnasium am Stoppenberg Essen via Instagram

Die Autorin Kathrin Schrocke las den Klassen 6a und 6b aus ihrem Roman "Bunte Fische überall" vor und begeisterte mit viel Witz. Als sie fragte: "Schafft ihr es noch einer weiteren Textstelle zu lauschen?" lautete die einstimmige Antwort: "JAAAA"!

Einige Schulen nahmen das HEIMSPIEL zum Anlass, das Thema Leseförderung auch mit eigenen Ideen stärker im Schulalltag zu verankern. Schon bei diesem ersten Mal profitierten rund 2700 Schülerinnen und Schüler von der Aktion des Literaturbüro Ruhr. In den kommenden Jahren soll  sich das HEIMSPIEL auf weitere Städte im Ruhrgebiet ausweiten.

Viviane Hoof vom Literaturbüro Ruhr (Foto: Anja-Wozikowski)

"Am liebsten möchten wir es in Zukunft zweimal im Jahr durchführen, sowohl im Herbst, als auch im Frühjahr", sagt Viviane Hoof, Projektmanagerin für Kinder- und Jugendliteratur im Literaturbüro Ruhr – „wir hoffen auf eine lange Erfolgsgeschichte."

Neben dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft unterstützten die Kulturämter in Essen, Bochum und Dortmund sowie das NRW-Kultursekretariat in Wuppertal das Projekt. Zahlreiche Stiftungen, Verlage und Privatpersonen förderten das erste HEIMSPIEL ebenfalls. „Ohne diese zusätzlichen finanziellen Mittel hätten wir ein so ambitioniertes Großprojekt nicht auf die Beine stellen können“, sagt Antje Deistler, Leiterin des Literaturbüros Ruhr, und sie betont: „Damit das HEIMSPIEL eine nachhaltige Wirkung entfalten kann, sollte es regelmäßig stattfinden. Um diese Verlässlichkeit bieten zu können, werden wir eine stabile institutionelle Förderung des Landes NRW brauchen.“

HEIMSPIEL im Buchladen: Stadtbibliotheken und Buchhandlungen präsentierten die Bücher der teilnehmenden Autor*innen während und nach dem Vorlesefestival. Hier: Bücher Janssen in Bochum. Foto: Bücher Janssen

Nachhaltigkeit versprechen sich die Macherinnen durch flankierende Maßnahmen: So vernetzt das Literaturbüro Ruhr Lehrerinnen und Lehrer mit den hiesigen Autor*innen sowie mit Lesementoren und anderen Organisationen, die zum Thema Leseförderung im Ruhrgebiet arbeiten (wie Jugendstil, Kinderliteraturverein Essen, Stadtbibliotheken u. a.). Einige Buchhandlungen und Büchereien unterstützten das Vorlesefestival mit Büchertischen und ganzen HEIMSPIEL-Schaufenstern.

Geplant ist darüber hinaus eine Feldanalyse und eine Konferenz in Kooperation mit der Akademie für Kulturelle Bildung in Remscheid.

Das HEIMSPIEL wird gefördert von:

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