Florian Sprenger präsentiert sein neues Buch "Ich-Sagen. Genealogie der Situiertheit" (August Verlag 2025).
Eine Position einnehmen, den eigenen Standpunkt benennen und das Motiv des Sprechens in dieses Sprechen einfließen zu lassen, in der Wissenschaft war das lange verpönt. Doch in den letzten Jahrzehnten ist es zu einem elementaren Sprechakt geworden. Warum verspüren wir zunehmend das Bedürfnis, unsere Aussagen auf unseren Platz in der Gesellschaft zu beziehen? Ist es nicht irrelevant, von wo aus ich spreche und wer ich bin, weil allein zählt, was ich sage? Oder beeinflusst der Ort, von dem aus ich spreche, doch mit, was ich sagen oder nicht sagen kann? Diese gegenwärtig hitzig diskutierten Fragen verweisen auf das, was seit den späten 1980er Jahren Situiertheit genannt wird: die Annahme, dass Wissen parteiisch ist, dass das, was jemand sagt, von Voraussetzungen und Bedingungen, von Privilegien, blinden Flecken oder Diskriminierungen seiner oder ihrer Position abhängt, weil das, was wir tun, wissen oder denken, stets in unsere Situation eingebettet ist.
In "Ich-Sagen" skizziert der Medienwissenschaftler Florian Sprenger die Begriffs- und Wissensgeschichte dieser Annahme: Um zu verstehen, wie Praktiken und Sprechakte des Situierens eine derartige Aufladung erfahren konnten, reicht es nicht, in der Gegenwart zu bleiben und die oft ungenaue Debatte um Identitätspolitik aufzuschlüsseln. Vielmehr ist es nötig, über die aktuellen Verwendungen des Begriffs der Situiertheit hinaus einen weiten Bogen zu spannen und seiner verwinkelten Geschichte durch Kritische Theorie, Phänomenologie und feministische Erkenntnistheorie zu folgen.
Im Anschluss an seinen Vortrag diskutiert Sprenger mit Gastgeber Morten Paul Konjunkturen des „Ichs“ im wissenschaftlichen Sprechen und Schreiben. Sie fragen danach, wie sich überhaupt ein Buch über das Ich-Sagen schreiben lässt, das die Aufforderung zur Situierung ernst nimmt und zugleich kritisch befragt.
Referent
Florian Sprenger, Ruhr-Universität Bochum
Moderation
Morten Paul, KWI
Teilnahme vor Ort
Die Veranstaltung ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Teilnahme via Zoom
Für eine Teilnahme via Zoom folgen Sie beizeiten dem Link auf der KWI-Website.
Veranstalter: Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI)