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KUNST LESEN – neue literarische Reihe im Kunstmuseum Bochum

Künftig wird es auf der Skulpturenterrasse des Museums 1x im Monat eine Lesung geben. KUNST LESEN, Kunst sehen, Kunst hören, Kunst erleben!

KUNST LESEN auf der Dachterrasse des Kunstmuseums Bochum. Foto: Luise Frenzel

Die altehrwürdige Gattung des Künstlerromans ist in letzter Zeit auch und vor allem unter jungen Schreibenden wieder erstaunlich beliebt. Die Vielzahl an Veröffentlichungen gab dem Kunstmuseum Bochum zusammen mit dem Literaturbüro Ruhr den Anstoß für die neue, gemeinsam konzipierte Reihe KUNST LESEN.

Ursprünglich sollte die Lesungsreihe bereits im Winter beginnen, nun startet sie im Juli bei hoffentlich sommerlichen Temperaturen; die Skulpturenterrasse des Kunstmuseums mit Blick auf den Stadtpark wird gerade noch herausgeputzt und -gekärchert. Einmal im Monat ist ein Autor oder eine Autorin zu Gast, deren Werk einen Bezug zum Kunstbetrieb hat. Im ersten Halbjahr handelt es sich ausschließlich um Künstlerromane, aber auch Lyrik, Graphic Novels und andere Literaturformen finden hier eine Bühne.

Und so sieht der Plan für die kommenden Wochen aus:

  • 9. Juli: Kristof Magnusson „Ein Mann der Kunst“
  • 7. August: Anja Hirsch „Was von Dora blieb“
  • 21. September: Nana Oforiatta Ayim „Wir Gotteskinder“

Den Anfang macht am 9. Juli Kristof Magnusson, der mit der Satire „Ein Mann der Kunst“ laut Kritiker Denis Scheck nicht weniger geschrieben hat als „…ein Buch, das einem den Glauben zurückgeben kann an die Wirksamkeit von Literatur und Kunst“.

KD Pratz ist ein Künstler der alten Schule, der sich jeglicher Vereinnahmung durch den Kunstbetrieb verweigert hat. Seine Bilder werden hoch gehandelt, er ist weltberühmt, hat sich aber aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Mit der Welt, verlogen wie sie ist, will er nichts zu tun haben, der eigene Nachruhm aber liegt ihm am Herzen. Daher sagt er zu, den Förderverein eines Museums zu empfangen, der den geplanten Neubau ausschließlich seinen Werken widmen will. Die Mitglieder des Fördervereins sind nicht alle einer Meinung über die Bedeutung von KD Pratz, fühlen sich aber hoch geehrt, als sie zu einem exklusiven Treffen mit dem Maler auf seiner fast schon legendären Burg am Rhein eingeladen werden. Wie die Kunstfreunde nach und nach die Contenance verlieren, als der Meister ihnen die Unvollkommenheit der Welt und ihre eigene um die Ohren haut, dabei subtil die eigene Größe inszeniert, den Kunstbetrieb niedermacht und gleichzeitig behauptet – davon erzählt Kristof Magnusson mit großer Meisterschaft und subversivem Humor.

Moderation: Frank Schorneck. Hier geht es zu den Tickets.

Am 7. August stellt Anja Hirsch im Rahmen der LITERATOUR 100 ihren Debütroman „Was von Dora blieb“ vor, der in die Anfangszeit der Folkwangbewegung führt, in die 1920er Jahre im Ruhrgebiet.

„Das Ruhrgebiet (…) entpuppt sich in diesem Generationenroman als Keimzelle der Kunstavantgarde des frühen 20. Jahrhunderts.“
Buchreport

Isa steckt in einer Ehekrise. Tief verletzt flüchtet sie an den Bodensee. Im Gepäck alte Briefe und Tagebücher ihrer Großmutter Dora. Um auf andere Gedanken zu kommen, befasst sie sich mit deren Geschichte: Dora studierte in den 1920er Jahren zusammen mit dem Bergarbeitersohn Frantek und der extravaganten Maritz am Bauhaus des Ruhrgebiets, der heutigen Folkwangschule. Aus einer intensiven Freundschaft entsteht ein Liebesdreieck. Später heiratet Dora einen Verwaltungsdirektor der I.G. Farben. Gesprochen wurde darüber in Isas Familie kaum. Welche Rolle spielte Isas Großvater im Zweiten Weltkrieg und warum besuchte ihr Vater eine der berüchtigten Napola-Schulen? Je tiefer Isa in ihre Familiengeschichte vordringt, umso klarer wird ihr Blick auf Dora – und auf sich selbst.

Die Literaturwissenschaftlerin und Journalistin Anja Hirsch lebt in Unna. „Was von Dora blieb“ ist ihr Debüt.

Tickets hier!

Und ein internationales Highlight wird sicher die Lesung mit Nana Oforiatta Ayim setzen, die in Duisburg aufgewachsene Kuratorin des ghanaischen Pavillons bei der Biennale in Venedig 2019. Sie kommt mit ihrem Roman „Wir Gotteskinder“ nach Bochum. Das Kulturmagazin ttt hat sie jüngst porträtiert, hier geht es zum Video.

Nana Oforiatta Ayim ist die Enkelin des Königs der ghanaischen Region Akyem Abuakwa. Sie studierte Afrikanische Kunstgeschichte, arbeitete für die UN in New York und ist heute weltweit v.a. als Kunstvermittlerin und Kuratorin, aber auch als Filmemacherin tätig. „Okay Africa“ zählt sie zu den „12 wichtigsten Frauen aus Afrika, die Geschichte schreiben“. Sie gehört auch zu den „Apollo 40 unter 40“ und damit zu „den talentiertesten und inspirierendsten jungen Personen, die die Kunstwelt heute voranbringen“. 2019 verantwortete sie den ghanaischen Pavillon auf der Biennale von Venedig. „Wir Gotteskinder“ ist ihr hochgelobter Debütroman. Sie lebt in Accra/Ghana.

„Eine mutige Neuerfindung der Einwanderungserzählung, verführerisch, poetisch … beispiellos.“ Taiye Selasi

Maya Mensah ist im deutschen Exil täglich damit konfrontiert, anders zu sein. Auch ihre Eltern sind anders. Ihr Vater ist ein scheuer Intellektueller, und ihre schöne Mutter liebt es, das Geld mit vollen Händen auszugeben und an ihre königliche Abkunft zu erinnern. Doch wenn Maya in der Schule von ihrer glanzvollen Familie erzählt, wird sie verspottet. Beistand leistet ihr einzig ihr Cousin Kojo. Maya ist fasziniert von seinen farbenprächtigen Erzählungen aus Ghana, an das sie sich kaum erinnern kann. Sie klingen für sie wie Märchen, die mythisch und wirklich zugleich scheinen, und öffnen ihr den Blick: für ein Land, das seine Seele nach all den Jahren der Kolonialzeit erst wiederfinden muss, für ihre entwurzelten Eltern – und endlich erkennt sich Maya als Teil dieser Geschichte.

Poetisch, fesselnd, faszinierend – „Wir Gotteskinder“ ist wahre Weltliteratur und eine Hymne an das Geschichtenerzählen als verbindendes Glied zwischen den Kulturen.

Moderation: Claudia Dichter, WDR

Die Lesungen finden Open Air und unter Corona-gerechten Bedingungen statt. Wenn das Wetter mal nicht mitspielen sollte, wird von der Skulpturenterrasse in den Forumsaal des Museums ausgewichen.

Die Veranstalter Literaturbüro Ruhr und Kunstmuseum Bochum bedanken sich bei der Kunststiftung NRW, die KUNST LESEN ermöglicht.

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