Schreibprojekt

Miedya Mahmod bei STROBO:Stimmen

Miedya Mahmod „welche farbe ist himmelfarben oder: ater et bleue lashes“

Was ich mir gesagt habe? Was ich heute noch sagen würde: Ich hoffe auf alles und erwarte nichts.
Was ich mir dabei gedacht habe? Was auch jetzt noch wie eine einzelne Lage Serviette am Gaumen klebt: So jemand bin ich ja nicht. Das passiert anderen, das passiert den
Behüteten, den sanften Sommerkindern, den Frühlingsbrisen. 

wo soll ich anfangen
ich zitiere die sterne
ich höre songs die niemand nicht kennt
ich habe mich wieder auf einer datingapp
ausgestellt ich lächle und nicke und fühle dabei die regungslosigkeit in den augensockeln
duchenne wird zu einer soße oder form
der kartoffelverarbeitung
ich verarbeite die kartoffeln

Sie sagen: jemand der dich so liebt wie du bist
Sie sagen: für jemanden eine bessere person werden wollen
Sie sagen: diese person die das beste ich aus einem rausholt 

Hold my hand. 
Höhl mich aus.
Stamp your feet.
Heul dich raus.

die kartoffeln drücken mich durch
die presse erfahre ich von den dottern
dem salz der butterpreis ist auf vorjahresniveau gesunken
die vorjahresniveaus haben mich beim wert
gepackt ich nahm es deperonalisiert und realisierte

Was ich mir dabei gedacht habe? 

aus verlust die gewinne gewinne gewinne
kommen sie näher gehen sie ruhig wieder nehmen
sie mit alles muss raus raus raus es ist sonder
schlussverkauf das nie endende letzte chancen
outlet trennen sie noch oder wühlen sie schon
finden sie content werden sie content nur heute

Du sagtest: du bist es.
Du sagst: du bist es!
Du schweigst. 
– Ich bin es doch. 

und morgen und in jeder erinnerung an das ausreißen der wurzel das ausreizen der wäsche
die ausbleibenden worte die ausgeschlagenen
schätze da haben wir uns wohl alle ein wenig verschätzt aber keine angst wir haben das
gold längst für eisen gegeben die ringe getauscht die schlösser die codes die bildschirmhintergründe wir haben eingeparkt
wir haben vorgesorgt wir haben alles rausgeholt

Was auch jetzt noch wie eine einzelne Lage Serviette am Gaumen klebt: 

was ging außer die verletzlichkeit die blieb
jemand muss ja auge um auge auf die
zahn um zahn-zinseszinsen achtgeben wo
soll ich anfangen
ich schlage die stöcke ich spanne schutzräume
zwischen zwei ellbögen auf ich gebe euch mühe

ich verspreche mein bestes zurückzunehmen mich kann man so nicht weiter erstehen ich bestehe das rad der zeit nicht das rad der zeit ist eine kugel
geworden ich schiebe sie unruhig sie windet sich
mehr und mehr nach innen wir verlieben uns
ziehen zusammen zeugen ein kind

So jemand bin ich ja nicht. 

und nennen es spirale ich stelle songs auf
einer datingapp aus ich zitiere mich die niemand
kennt ich höre die sterne
wo soll ich anfangen das universum breitet
sich schneller aus als erwartet the astrophysical journal nach rund 10 % höhere
expansionsrate als angenommen abgrenzung ex machina ergibt wieder falsche hoffnung auf raum und zeit und einen moment des nichtsgeschieht

ich gebe gehörte sterne wieder wie folgt
es gibt keinen ausweg nur dadurch gehen
wenn wir gut stehen vielleicht noch
unverhofft darüber auf hindurchwege geraten
ich lese fixpunkte aus dunkler materie heraus
ich zitiere nicht ich leite vom himmel ab

Es steht Langekennziffersteuernummerhausnummerrechnungsnummerchiffrenziffern zu
Null für die Strukturen. Könnte kotzen. Kotze.

wie blitz das zwicken das raufen das teleskop klingelt es ist für sie ich höre doch ja! desire
is only for the things you don’t have
i don’t have a way with this words ich verlange
durchgelassen werden aber zackzack to express
a wish to obtain to long for an old friend or french

desirrer is only for the
things que tu n’as pas
est latinus desiderare v sehnen langen er
warten sie warten de sidere von den sternen
dissidierten durch zeit und zungen considerate awaitresses
what the stars will bring
with the stars con sider dies einmal:
ich beharre auf einen zenit mit leuchtturm
erfahrung

Das passiert anderen,

ich harre aus ich gedulde erdulde
ich warte mit und auf das was die sterne
ergeben hoffe alles und erwarte wenig im lichtschmutz zu finden ich vertraue also bin ich dissident meiner vergangenheit ich vertraue
darauf dass sie keinen ausweg fanden

passiert jenen, die vor Kaminen schlafen. Passiert Behüteten, 

sondern gerade wieder
hindurch finden
was sie mir bringen pflücken sie
vielleicht erst noch am wegesrand
die expansionsrate steigt
verlangen sei dem vorbehalten

den sanften Sommerkindern, den Frühlingsbrisen.

was man nicht hat ich sehne mich
nach dir aber muss nun nach
mir selbst langen
ich wünschte uns als schweif
der schnuppe
wären konsiderationen über dein wohl

Wir lernen: wer fressen will, der muss auch arbeiten.

LEDs an meiner decke ich wäre nachtgebräunt
von stellarem flutlicht aufgewacht
ich denke das ist auch in etwa dem mond
passiert daher der fleckige teint in phasen
wie diesen müssen wir alle sparen
ich verlange nichts und warte in hoffnung
und milch gebadet auf auftauchen ausatmen
auf hindurch und hinweg auf what goes
around comes in rädern

Aber doch keinem Blatt, das so سوورbeschrieben von payîz fiel, das längst vollgesogen mit agr, aset u asn

zu kugeln schwerter durch spiralen
in zungen wie dieser ist von raten die rede
aber man meint gar nicht das
alles wissen absurd ist
über considerations und zenit gegrübelt performativ kritische krümel von gedanken

das wieder Erde wurde, durchfeuchtet und gut zu lockern, kühl, aber ganz angenehm eigentlich.

liegen überall verteilt aber fielen die worte
ins observatorium ein nein ist wenn nur vom
zenit gesprochen wird nadir mitgemeint ja!
in insolventen gassen gedrängt die wimpern
zwicken einander und können nein wollen
nicht glauben was sie da rahmen

Ich arbeite an mir. Ich will mit am Tisch sitzen. Du arbeitest an dir. 
Was Essen gehen, ach warum nicht. 

war einmal ein kind mit 100er streichholzschachtel von ja! ich reiße das holz an der pappe vorbei
als würde ich dich damit von mir runterreißen
können wir nochmal von neu an-
zünden können wir nochmal die wimpern raufen
sich bereits können wir nochmal die presse
verfolgt mich durch pariser tunnelblicke lady
duchesse yes queen der dotter das salz die butter küssen den hals ohne die zunge zu rühren

Haben ja beide einen langen Arbeitstag an uns. 
Fressen, um zu arbeiten.
Ich sitze auf einem wackeligen Hocker mit drei Beinen, aber ich sitze mit am
Tisch.

können wir nochmal die wimpern einblenden
ein zwicken ein raufen zwei felder zwei fronten
nein wenn das nicht ein fühlen ist
und wie ich nicht hören wollte
ja! wenn das nicht ein nicken ist
ich duchenne ein lächeln

Du arbeitest an dir.
Du willst den Tisch besitzen. 

zwischen nadir und zeit
meiner zunge und ihrem zenit
zwischen himmelbett und sternendecke
zwischen europaletten und sales-ground zero
ist ein astraler leib gleich aus äther oder
nur frei von metastasen
es verlangt mich
nach einer audienz
ohne selbstleuchtende kronplaneten

Ja, na sowas:
Könnte kotzen, kotze. 
Sowas jemals?

ohne sternexplosion von astern verblümt
nothing-but-color ergibt weder soße noch form
der kartoffelverarbeitung
ohne gestirnkuss als lockangebot
ohne quengelzone neben schwarzem loch
ohne wolkenaufhang an gaslaternenpfahl

Ne, mir nicht. 
Dir nichts. Ich Nichts,
mein Alles. Du nicht, alles Meine-
nde.

abendsterne raus jetzt reden dunkle materien
das ist nichts gegen venus persönlich
das ist kein du hast das antlitz der göttin
gelöscht der liebe handspiegel wirft kerzenlicht zurück sobald die sonne wieder auf sie
im richtigen winkel stößt

Ich suche Mitgefühl in geteilten Playlists,

das duchenne-lächeln der gestirne
ist die geschichte einer verbrennenden
deren licht andere strahlen ließ
ich reiße das haar aus dem kopf
vorbei an presse und auswegen
das outlet zieht aus das outlet muss
eines rauslassen das outlet braucht eine inventur
keine innovation und ich zitiere die wimpern
wenn ich mich zwicke mich raufe wenn

ich lege all meinen Weltschmerz auf den Tisch und frage, welchen du anfassen magst,

ich mit mir vor gericht gehe bin ich nicht
stummes klirrkalt des alls
sondern desire desirrer desiderare und verlange condictio sine cause nein condictio ob rem nein
condictio ob turpem vel iniustam causam ja!
so viele streichhölzer wie es braucht

Will in Rente, will alles essen. Machst Karriere, speist von mir. Ich lese das alles
wie noch nie zuvor gewollt. Du schreibst mich wieder und wieder.

nur noch für mich zu brennen
bin nicht hart sondern teleskopie geworden
um besser die sterne zu observieren
iustitias augenbinde hier daten da und taten
auf kassenwaagen
wo soll ich anfangen wenn

gesucht wird: ein Frieden wie ein Gebirge.

nicht bei mir selbst
zwicken raufen zwei felder zwei fronten
schwert im julienneschnitt klirrt nothing else matters darkened von verlangen
was bereits vorhanden und verlangen
gold für eisen zu geben aus den händen
den augenringen den plasmaschlössern
die koordinaten ungesehn gesuchter
anderer

Ich suche mich als Maschine, ich finde die traurigsten Suchmaschinenergebnisse (Stand: 03.01.23) 

planeten monde sterne lebensform
menschen etc.
aus mir kein weg nur aus
harren durch mich hin zu einer form von
hören auf licht und nach mir
langen in schatten

Kein Akku mehr. Ich bin nicht mehr zu verlieren. 

sie werden kürzer vertrau dem blinzeln
es muss ein ruck durch den augensockel
gehen erkniffen staatstragend wie immer
diese sonne ikarushandschlag angeboten
fangstrahlen
sie werden kürzer vertrau dir im richtigen winkel

Ich höre das alles nicht zum ersten Mal. 
Ein Tisch wurde in der Nacht mit der Axt entzweit.

stoßen hohelied und fegefeuer zeitgleich auf dich‘
verlangt es nach halt es dämmert
was du suchst zeigt der venushandspiegel
hörbar im gezwitscher zwischen zwei trabanten
schmeckt weich und nach wärmespeicher und gar vielleicht wie herzoginnenkartoffeln

Ich verstehe 0 und 1 letztlich, was ich zum ersten schreibe, zum zweiten Monat, im
dritten Jahr. Ich nehme die Beine in die Hand, es sind nur noch zwei. 

das zwicken das raufen pressen und blenden kein ausweg
in sicht weil sonne hindurch
ringt kein verlangen im spiel keine verkäufe im weg es klingelt kein teleskop es klirrt kein
knochen zahn gold oder eisen du nickst und stellst dich auf vor aus bald drauf
im astrophysical journal ein paper
über kosmische strahlung

Ich renne so schnell wie

reiß das holz an der pappe vorbei und finde: ein papier
gedicht über duchenne lächeln [als feuerzeug gemeint]

Ein Kind, das sich unbeobachtet glaubt und einfach so LOS- 
Rennt
ein Kind einfach nur so einen Abschnitt des Schulwegs lang, einfach, weil es kann.

=:::::::::::::::::::::::::::::::::::::!..Atmen!

Abschnitt zu Ende. Atme!
Einfach. Atmen. Einfach

weil ich kann.

Miedya Mahmod (keine/alle Pronomen), Jahrgang 1996, Spoken-Word-Artist, Lyriker*in, Kurator*in. In Dortmund geboren, in Hagen verloren, lebt/schreibt/arbeitet im Ruhrgebiet, Stadtgrenzen verschwimmen. Diverse Lesebühnen in diesem Becken mitgemacht. Studium der Medien- und Theaterwissenschaften, Ruhr-Universität Bochum. Leitet Schreibwerkstätten und Workshops zu Textperformance, gründete das TwitterLyrik-Zine Lytter, moderiert Lesungen, Podien oder their Talkformat Deutschland.Schön.Reden. in Mülheim a.d. Ruhr. War irgendwann mal zum Treffen Junger Autor*innen der Berliner Festspiele, zu den Open Poems des Haus für Poesie,  Hausacher LeseLenz von José F.A. Oliver eingeladen.

 

„welche farbe ist himmelfarben oder: ater et bleue lashes“ von Miedya Mahmod ist im Rahmen des Projekts STROBO:Stimmen erschienen, eine Kooperation zwischen literaturgebiet.ruhr und STROBO. Zwölf junge Autor*innen aus dem Ruhrgebiet wurden nach ihrer Sicht auf die Welt gefragt. Jeden Monat veröffentlichen wir eine der literarischen Antworten. Hier erfahrt ihr mehr über das Projekt.

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