Ausgezeichnet

Literaturpreis Ruhr 2024: Die Shortlist ist da

Vier aktuelle Bücher hat die Jury des Literaturpreis Ruhr auf die Shortlist 2024 für den mit 15.000 Euro dotierten Hauptpreis gesetzt. Vier herausragende Titel, die vom Ruhrgebiet handeln oder hier entstanden sind.

Die diesjährige Bestenliste ist auffallend jung: Die Autor*innen sind alle noch nicht lange im Geschäft (zwei der vier Bücher sind literarische Debüts), alle Geschichten drehen sich um junge Menschen.

Die Shortlist in alphabetischer Reihenfolge:

Dietlind Falk: No Regrets

Das Tattoostudio „No Regrets“ irgendwo zwischen Duisburg und Dortmund: im Schaufenster ein müffelnder Alligator, hinter der Theke die Besitzer Hänk und Muddy, die beide auch schon bessere Tage erlebt haben. Doch als plötzlich die junge Tätowiererin Luz auftaucht, wird die Welt im „No Regrets“ komplett auf den Kopf gestellt. Dietlind Falk verlegt ihre Ruhrgebietsgeschichte in ein Tattoostudio, das gab es bisher so wohl noch nicht. Fernab von Kohlestaub und Strukturwandelproblematik verströmen die skurillen Figuren Ruhrgebiet aus jeder Pore.

Rotzig, komisch, traurig und mit ganz viel Herz, „No Regrets“ ist erstklassige Unterhaltung.

Dietlind Falk, geboren 1985, wuchs im Ruhrgebiet auf. Sie arbeitet als freie Übersetzerin aus dem Englischen und Französischen und übertrug unter anderem Mark Haddon und Octavia E. Butler ins Deutsche. 2017 erschien ihr Roman „Das Letzte“ im Albino Verlag. Dietlind Falk spielt in einer Punkband und lebt in Düsseldorf. (Foto: Katharina Zwar)

Sarah Jäger: Und die Welt, sie fliegt hoch

Ein ganz besonderes Buch: Ava, quirlig wie ein Wellensittich, und Juri, einsam wie ein Astronaut, durchbrechen ihre soziale Isolation. Beide öffnen ihre geschlossenen Sphären, um das Wagnis einzugehen, sich ins Leben hinauszutasten. Sarah Jäger erzählt die Geschichte der zwei Teenager als eine Abfolge von Sprachnachrichten, und das mit poetischer Kraft.

Ein Countdown ins Leben und ein starkes Plädoyer für gesellschaftliches Miteinander, illustriert von Sarah Maus.

Sarah Jäger wurde 1979 in Paderborn geboren und lebt im Ruhrgebiet. Sie ist IHK-zertifizierte Call-Center-Agentin, ausgebildete Theaterpädagogin und umgeschulte Buchhändlerin. Ihr Jugendbuch „Die Nacht so groß wie wir“ war für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2022 nominiert. Mit ihrem Debüt „Nach vorn, nach Süden“ stand sie 2021 schon einmal auf der Shortlist zum Literaturpreis Ruhr. (Foto: Anna-Lisa Konrad)

Necati Öziri: Vatermal

„Ich möchte Dir für immer die Möglichkeit nehmen, nicht zu wissen, wer ich war“. Der todkranke Arda schreibt seinem Vater, der die Familie verlassen und doch Spuren hinterlassen hat. Beim Ich-Erzähler, seiner Schwester und seiner Mutter. Eine Restfamilie, die mit Leerstelle lebt und nebenbei nicht nur ihren Alltag, sondern auch jede Form von Alltagsrassismus bewältigen muss.

Theaterautor Necati Öziri erzählt in seinem ersten Roman eine ebenso intime wie politische Geschichte mit Wucht, Wut, Witz und Zärtlichkeit. Unvergesslich.

Necati Öziri, geboren 1988 in Datteln, hat Philosophie, Germanistik und Neue Deutsche Literatur in Bochum, Istanbul und Berlin studiert. Er lebt in Berlin sein drittes Leben, schreibt, macht Theater und manchmal einen auf Intelelli, wofür ihm sein sechzehnjähriges Ich wahrscheinlich eine Schelle verpassen würde. In seinen Texten ist natürlich alles wahr. Öziri war Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung und unterrichtete an der Ruhr-Universität Bochum formale Logik, bis er feststellte, dass Logik die Welt nicht besonders gut beschreibt. Seitdem versucht er zu schreiben, nicht wie die Welt ist, sondern wie sie sich anfühlt. Er ist erbitterterer Feind von Kälte, Lactose und Kurz-Biographien.

Sina Scherzant: Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne

Eine Geschichte über das Erwachsenwerden im Dortmund der Nullerjahre. Katha sieht sich als Mittlerin und Dienstleisterin ihrer Familie. Hauptsache, allen anderen geht es gut! Wieviel Verantwortung kann eine Vierzehnjährige übernehmen, ohne sich zu verlieren? Wie wichtig sind Vorbilder? Ist Blut dicker als Wasser?

Ein feministischer Mutmachroman für die Gen Z und ein herausragendes literarisches Debüt.

Sina Scherzant, 1991 in Menden geboren und im Ruhrgebiet aufgewachsen, hat Erziehungs- und Bildungswissenschaften in Marburg und Hamburg studiert. Im Alter von elf Jahren gewann sie mit einem Mausbild den Malwettbewerb des örtlichen Optikers, der Preis war ein Buch. Sie ist Spiegel-Bestsellerautorin, Podcasterin und Drehbuchautorin. (Foto: Nick Ellenberger)

Für den Hauptpreis kamen herausragende Titel aus dem Ruhrgebiet und über das Ruhrgebiet in Frage, die im Zeitraum vom 1. Mai 2023 bis 30. April 2024 in einem Verlag oder per Selfpublishing erschienen sind. 56 literarische Werke aus unterschiedlichen Genres standen auf der Leseliste der Jury.

Wer den Hauptpreis gewinnt, wird während der Verleihungsgala am 11. September 2024 auf Schloss Horst in Gelsenkirchen bekannt gegeben.

Der Jury des Hauptpreises gehören in diesem Jahr an:

  • Christa Becker-Lettow
    RVR-Ausschuss für Kultur, Sport und Vielfalt
  • Cathrin Brackmann
    Journalistin, Moderatorin und Literaturexpertin bei WDR 4
  • Prof. Dr. Peter Goßens
    Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Fakultät für Philologie, Ruhr-Universität Bochum
  • Murat Kayı
    Musiker und Autor, Gewinner des Förderpreises zum Literaturpreis Ruhr 2022
  • Patrick Musial
    Buchhändler, ehem. Buchhandlung Musial, Recklinghausen

Über den Literaturpreis Ruhr:

Der Literaturpreis Ruhr ist die wichtigste ideelle wie materielle Auszeichnung für Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die im Ruhrgebiet leben, sowie für Autorinnen und Autoren von außerhalb, die über die Region schreiben. Er wird seit 1986 jährlich vom Regionalverband Ruhr vergeben und vom Literaturbüro Ruhr organisatorisch und konzeptionell betreut.

Presseinfos zum Literaturpreis Ruhr unter
www.presse.rvr.ruhr

Weitere Informationen zu Werken und Nominierten unter
www.literaturbuero-ruhr.de

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